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Mittwoch, 2. Dezember 2015

November 2015

In La Roda - Zuhause

Nach einem weiteren Monat fühle ich mich hier im Ort richtig wohl und habe mich gut eingelebt. Im Ort kennt man immer mehr Leute, sei es im Schwimmbad, auf dem Wochenmarkt oder auf dem Weg zum Supermarkt: Überall trifft man Menschen, die man kennt und mit denen man auch kurz mal schnackt. Beispielsweise kenne ich inzwischen auch eine Nachbarin; eine ältere Dame, von der zwei Enkel auf ‚meine‘ Schule gehen. Sie hat mir bei unserem ersten Gespräch bereits mehrmals gesagt, dass ich sie fragen soll, wenn ich irgendetwas brauche. Vielleicht frage ich sie ja mal, ob sie mir spanische Gerichte beibringen kann!
Im gesamten November hatten wir einen „Veranillo“ – kleiner Sommer bzw. „veroño“, ein Kofferwort aus Sommer (verano) und Oktober (otoño). Das heißt tagsüber immer über 20°C und ausschließlich Sonne. Die Pausen in der Schule waren oft sehr genial: Fröhlich, laut, voller Fußball und Seilspringen, auch für mich und die anderen Lehrer! Fußballspielende Nonnen sind übrigens auch ein besonderer Anblick! Bis zum 21. November hatten wir schönes Wetter; dann kam ohne Vorwarnung der Winter angerauscht. Zwar haben wir tagsüber manchmal noch bis zu 15°C, aber einen kalten Wind und in der Nacht auch unter 0 Grad.

Lehrer unter Belagerung und beim Seilspringen - Leider ist es schwierig, von letzterem scharfe Fotos zu machen...


In meinem Projekt kenne ich jetzt alle Gruppen und auch die Namen größtenteils. Die Schüler gewöhnen sich an mich und trauen sich auch ein bisschen mehr Englisch zu reden und offener zu sein. Inzwischen komme ich auch mit den größten Chaoten ganz gut zurecht und auf der Straße scheint sich wirklich jeder Schüler zu freuen, mich zu sehen. In manchen Gruppenkonstellationen ist es jedoch beinahe unmöglich, etwas zu schaffen, ohne sie einmal anschnauzen zu müssen. Da geht man dann auch mal schlecht gelaunt aus einer Unterrichtsstunde. Die meisten Schüler sind aber glücklicherweise, auch in der Gruppe, total freundlich und hören mir auch zu. Wenn man nach einer Chaotentruppe dann wieder eine ruhigere Gruppe hat, ist man doch sehr dankbar!
Oft spielen wir einfach nur. Gerade zweisprachiges Memory ist für alle Klassen perfekt, um Worte zu lernen und Englisch ein wenig anzuwenden. Manchmal bestehen dann komplette Arbeitstage aus Memory spielen, Geographiequiz und Galgenraten. Nach der Schule gehen wir Kollegen dann auch gerne mal irgendwo etwas essen. Sei es am Mittwoch in der Mittagspause der anderen Lehrer oder am Freitag nach der Schule, um zu besprechen, was man am Wochenende machen wird.

Viel wichtiger und interessanter sind die Freizeit und schließlich eben die Wochenenden. Zweimal war ich bereits im Kino. Das erste Mal „Hotel Transsylvanien 2“ habe ich sehr gut verstanden, da die Sprache für einen Zeichentrickfilm schließlich nicht sehr anspruchsvoll und recht akzentfrei ist. Beim zweiten Mal „Ocho apellidos catalanes“ („Acht katalanische Nachnamen“) – einer Romantikkomödie, war es jedoch sehr viel schwieriger. Ich freue mich aber, dass ich doch einen Großteil gut verstanden habe!
Am Wochenende steht dann eigentlich fast immer Fiesta an. Ein Wochenende ist unsere Mitbewohnerin María, die leider am Ende des Monats wieder ausziehen musste, nicht nach Hause gefahren, sondern mit Kate, César und mir nach Albacete gefahren. Zuerst haben wir eine Tapas y Caña Runde gemacht und waren danach noch in einem Club, wo wir auch ein bisschen richtig getanzt haben. – Bachata konnte ich da allerdings leider noch nicht tanzen! Danach sind wir zurück nach La Roda gefahren und waren hier noch bis halb drei unterwegs. Sehr früh für Spanien! Denn die nächste Feier hat das noch getoppt: Wir haben hier eine kleine Brauerei – „Llanura“ – im Ort, wo sie sehr natürliches Bier brauen und das u. a. auch in einer Bar daneben verkaufen. Mit Kate, meiner Kollegin Fuen und ihren Freunden sind wir dann zuerst in die Bar, wo ein kleines Konzert stattfand, haben dann um halb zwölf in einer großen Gruppe bis zwei Uhr zu Abend gegessen und waren dann in der ersten Bar, bis diese um fünf Uhr geschlossen hat und dann bis halb sechs in der nächsten. Das sind jetzt tatsächlich ganz normale spanische Zeiten! Nur das Churros Frühstück am Morgen haben wir ausgelassen – würde mich aber nicht wundern, wenn ich das auch noch irgendwann erlebe!
Llanura ist auf jeden Fall ein häufiger Ausgangspunkt für Fiestas: Mit Kates Spanischlehrerin Esther und einer Freundin haben wir uns dort getroffen, Pizza bringen lassen und um ein Uhr sind Esther und ihre Freundin gegangen. Kate und ich haben uns wieder einmal unserer Kollegin Fuen, ihrem Mann und einigen weiteren Freunden angeschlossen. Eine Freundin von Fuen kommt aus Puerto de la Cruz auf Teneriffa und wer mich kennt, weiß, dass diese Insel wie ein zweites Zuhause für mich ist. Deswegen hat es mich natürlich besonders gefreut, eine Tinerfeña (Einwohnerin Teneriffas) zu treffen und mit ihr zu schnacken!

Außerdem haben Kate und ich noch Marta kennengelernt, die hier vor drei Jahren Freiwillige in unserem Projekt war und die jetzt hier, bzw. besser gesagt im Nachbarort, lebt, arbeitet und auch einen spanischen Freund hat. Sie war eine der ersten Freiwilligen hier an der Schule zusammen mit zwei anderen Mädchen. Letztes Jahr waren hier ebenfalls drei Mädchen, dieses Jahr gab es wegen Geldmangel eine Stelle weniger und ich kam als Mann dazu, weil die Schüler dieses Jahr mal nicht nur Frauen haben wollten. – Insgesamt gibt es erstaunlich wenige Männer beim EFD! Es war jedenfalls ausgesprochen interessant, noch ein paar Tipps von ihr zu bekommen; wie man sich verhalten sollte, wie man den Unterricht gestalten kann und wie man die Zeit am besten nutzt. Außerdem scheint sich das Projekt in diesen drei Jahren stark weiterentwickelt zu haben. César integriert uns in die Gemeinschaft, wir haben genauere Arbeitsanweisungen und uns wird aktiv gesagt, dass unsere eigenen Ideen, Wünsche und Vorschläge einbringen sollen.

César war es auch, der mir eine Tanzgruppe hier im Ort gezeigt hat. In einem Schönheitssalon, in dem auch Yoga und Pilates angeboten werden, gibt es seit Neuestem auch Tanzkurse. Jeden Donnerstagabend lernen wir in einer Gruppe von 20 bis 30 Leuten Salsa und Bachata. Damit habe ich endlich eine Möglichkeit gefunden, meinen Lieblingssport weiterzumachen und sogar neue Tänze zu lernen! Nach dem Unterricht gehen wir alle zusammen auch noch in eine Bar, wo wir ein Bierchen trinken und tanzen können.
Das Clásico Debakel von Madrid (0:4 gegen Barça) habe ich selbstverständlich auch gesehen. Wenn man dazu gleich vier(!) Einladungen bekommt, fühlt man sich wirklich in die Gemeinschaft aufgenommen!

In Llanura mit Fuen und Kate links von mir
Beim Abendessen um halb 12
Und mit Fuen und der der Frau aus Teneriffa, ich mit (endlich) gekürzten Haaren...

Toledo

Die Burg ist links, die Stadt ist rechts. Die Brücke dort vorne haben wir oft überquert!
Unser Hostel - eine hübsche Burg auf der anderen Seite des Flusses.
Und hier das Panorama von der Burg aus.
Der Tajo ist der längste Fluss Spaniens.
 In der Woche vom 23. bis 28. November stand dann der „On-arrival training course“ in Toledo an. Nachdem ich am Sonntag meine Sachen zusammengesucht habe, ging es schon am Montag mit dem Zug Richtung Madrid. (Die Infrastruktur Spaniens ist SEHR auf Madrid zentriert. Fast jede Zugstrecke führt durch Madrid!) In Madrid hatten wir dann 50 Min Zeit, umzusteigen und waren nach einer kurzen Zugfahrt in Toledo, welches 65 km südsüdwestlich von Madrid liegt.

Leider war ich die Woche über mehr oder weniger stark krank. Gerade am Mittwoch saß ich meistens nur rum und habe bloß zugehört, weil ich ständig husten musste und kaum sprechen konnte, sodass ich leider nicht richtig mitmachen konnte. Als ich mir dann schlussendlich Hustensaft gekauft habe, ging es am Freitag zum Glück wieder einigermaßen! Kate und ich sind am Montag zusammen mit drei weiteren Freiwilligen, die wir bis dahin natürlich noch nicht kannten, angekommen und wurden am Bahnhof von einer (von insgesamt drei) Mentorinnen abgeholt. Wir waren zwar die erste Gruppe, aber ein Freiwilliger war bereits dort, weil sein Projekt ganz in der Nähe liegt. Mit ihm sind wir dann erstmal durch die Stadt geschlendert und waren in einem Café, das in der Alcazaba liegt, der Festung, die über der gesamten Stadt thront. Zu dem Zeitpunkt konnte ich schon sagen, dass Toledo in der Tat eine sehr schöne Stadt ist! Viele Spanier sagen, dass es eine der schönsten Spaniens und ohne Zweifel die schönst Kastilien-La Manchas ist. Die Jugendherberge selbst ist ebenfalls sehr schön, die Zimmer sind wie in einem Hotel, das Essen jedoch beinahe schon unter dem Niveau durchschnittlicher deutscher Jugendherbergen… Nicht gerade erfreulich und sehr ungewöhnlich für Spanien!
Am Abend waren wir dann (fast) vollzählig: 27 Freiwillige aus 14 Ländern, die ihren EFD gerade erst begonnen haben; d.h. zwei Monate bis wenige Tage. Davon waren nur acht Männer. Da wir vier Deutsche und zwei Österreicher(innen) sind, konnte man sogar ein wenig Deutsch sprechen, wenn man ausnahmsweise einmal unter sich war. Es war sehr angenehm, von Skype abgesehen, wieder die Muttersprache gesprochen zu haben!
Den ersten Abend standen Kennlernspiele an und jeder hat ein bisschen was über sich und sein Projekt erzählt. Viele konnten schon Spanisch sprechen, einige haben jedoch auch gar keine Erfahrung, sodass alle Aktivitäten zumeist zweisprachig abgehalten wurden. Außerdem wurden die Regeln für ein Spiel für die ganze Woche eingeführt: Jeder bekam den Namen einer Person aus der Gruppe, die er dann ‚töten‘ musste. Dazu muss man mit der Person allein sein und sie küssen (wenn auch nicht zwingend auf den Mund). Diese Person gibt einem dann seine Karte, sodass man das nächste Opfer hat. Für mich war das Spiel jedoch schon am nächsten Tag vorbei, denn mein zweites Opfer – Kate – hatte meinen Namen und wir haben uns in demselben Moment getötet, sodass wir jetzt jeweils unseren eigenen Namen haben und trotzdem tot sind…

Das Frühstück war immer um 8:45 Uhr zu Ende. Es war jedoch so grottig, dass ich einfach weitergeschlafen habe und immerhin bis Viertel nach neun schlafen konnte. Morgens standen meistens wichtige, aber wenig interessante Aktivitäten über Versicherungen, Rechte & Pflichten sowie allgemeine Informationen zum EFD an. Von Mittwoch bis Donnerstag haben wir uns je nach Spanischlevel getrennt, weil wir auch Spanischstunden hatten. Die ersten beiden Spanischstunden haben mir sehr gut gefallen (spielerisch und nicht formal), die dritte Stunde war jedoch ‚kreative Arbeit‘ mit Slangspanisch, was mir nicht ganz so sinnvoll vorkam...
Während die einen dann Spanischunterricht hatten, gab es für die andere Hälfte meist spielerische Aktivitäten, die mal kompetitiv waren (Spanisch Quiz u.ä.), mal Zusammenarbeit erforderten. Ein Spiel, bei dem man sich einen bestimmten Weg merken musste und die anderen führen musste ohne dabei zu reden, hat mir besonders gefallen, weil ich es eben auch recht gut konnte…
Zwischendurch gab es auch immer mal wieder Pausen, in denen es dann in der Cafeteria ein bisschen was zu essen und trinken gab. Um elf Uhr hat das dann immer mein Frühstück ersetzt und hier war das Essen ohnehin viel besser! Einen Tag haben wir die Spezialitäten, die aus den verschiedenen Ländern mitgebracht wurden, gegessen. Ich habe Spekulatius und selbstgemachte Frikadellen mitgebracht, die auch von vielen gelobt wurden. Scheint ein gutes Rezept zu sein, Mama!

Jeden Abend standen dann noch Veranstaltungen an: Am Dienstag zum Beispiel der „interkulturelle Abend“: Jedes Land sollte sich einen kleinen Vortrag überlegen. Wir vier Deutschen bspw. haben den Mauerfall nachgestellt, was sehr lustig war oder die Italiener haben gezeigt, wie die Pizza Margarita ihren Namen bekommen hat. Einen anderen Abend haben wir in einer kleinen Gruppe auch noch „Wer ist Wer?“ gespielt und ein Spiel, das Ähnlichkeiten mit Twister hatte – sehr amüsant!
Am Donnerstagmorgen stand eine kleine Stadtführung an. Während wir noch auf einem großen Platz auf unseren Guide (ich bediene mich ausnahmsweise eines englischen Wortes) gewartet haben, hat unser Spanischlehrer mit uns ein Lied angestimmt… Eine Gruppe asiatischer Touristen hat auch sofort mitgemacht, sodass es außergewöhnlich lustig wurde. Dieses Lied wurde dann die nächsten Tage ständig gesungen und ein richtiger Hit… Die Stadtführung selbst war recht interessant, der Teil mit der Kathedrale, die zwar ganz nett und v.a. groß ist, sich aber im Endeffekt nicht allzu sehr von anderen unterscheidet, hätte meiner Meinung nach aber auch abgekürzt werden können. Danach hatten wir in kleineren Gruppen zwei Std. frei, sollten aber mindestens zehn Toledanos zum Thema „Staatsbürgerschaft in der EU“ befragen. – Fünf haben wir geschafft, denn erstmal haben wir natürlich Pause gemacht und die anderen waren noch in Souvenirgeschäften…
Zum Schluss sind wir natürlich auch nochmal in der ganzen Gruppe ausgegangen, auch zwei Mentorinnen waren dabei. Mir hat diese Feier extrem gut gefallen, man hat auch mal richtig – heißt als Paar – getanzt und wir hatten einfach richtig gute Laune. Um zwei Uhr sind leider schon die ersten gegangen; die sind wohl alle noch nicht die spanischen Zeiten gewohnt! Um fünf Uhr war ich dann allerdings auch schon im Bett.


Was man bei einer Stadtführung eben so macht...

Weil ich am Samstag mit einigen anderen erst den Zug um 13:25 Uhr (damit waren wir die letzte Gruppe) genommen haben, hatten wir noch genug Zeit, durch Toledo und ein paar Geschäfte zu schlendern. Irgendwann haben wir, bzw. ich, als ich mal auf meine Karte geschaut habe, gemerkt, dass wir auf der vollkommen falschen Seite der Stadt sind. Kate dachte, dass es der richtige Weg sei… Wir mussten uns dann noch richtig beeilen, weil der Weg zurück 40 Minuten gedauert hat. Ich habe dann selbstverständlich aus Versehen noch eine falsche Abbiegung genommen, sodass wir dann bei der verkehrten Brücke ankamen, aber weiter schlimm war das im Endeffekt auch nicht. Als wir dann beim Bahnhof ankamen, war uns zwar warm und wir konnten uns nicht von den ausgesprochen tollen Mentoren verabschieden, aber immerhin haben wir den Zug bekommen!
In Madrid haben wir uns dann alle – außer Kate natürlich – voneinander verabschiedet und haben uns in alle Himmelsrichtungen verteilt; natürlich nicht, ohne zu bekräftigen, sich ganz bald wiedersehen zu wollen!

Dieses Seminar war auf jeden Fall eine tolle und gleichzeitig anstrengende Erfahrung! Man hat viele Leute aus ganz Europa kennengelernt, die zurzeit über fast ganz Spanien verteilt sind. Wir haben uns alle richtig gut verstanden und zumindest ich habe die Leute schon nach kurzer Zeit vermisst.
Zurück in La Roda habe ich mir dann schließlich doch, nach jahrelangem, eisernen Widerstand einen Facebook Account zugelegt, damit ich auch die Planung der anderen Freiwilligen mitbekomme und mich selbst direkt beteiligen kann. Das war mir dann wichtig genug!

Zusammen mit einem sehr lustigen Italiener auf der Brücke,
die man auf einem der oberen Bilder sehen kann.
Beim Spanischunterricht



Gruppenkuscheln!